Nicht jedem liegen Worte. Oder Gespräche. Manchmal ist es auch einfach schwer, Worte zu finden. Worte für starke Empfindungen wie Sorgen und Wut, aber auch für Hoffnung und Perspektive. Besonders nach einer Krebstherapie, die alles Bisherige ins Wanken brachte. Die Ängste, Schmerzen, Einschränkungen, daneben Krankenhausaufenthalte, Chemo und Bestrahlung auf den Plan rief. Zudem Partnerschaft, Familie und Haushalt aus dem Gleichgewicht brachte. Eine Phase, in der bisher Wichtiges plötzlich unwichtig war.
Dann ist die Krebstherapie geschafft! Große Erleichterung. Und nun?
Zurück zum Alltag? Bei diesem Chaos in und um einen herum? Eine ehemalige Klassenkameradin von mir stand nach ihrer Krebserkrankung vor fünf Jahren genau an diesem Punkt. Sie entschied sich für eine Tanztherapie, die sie in der Reha kennengelernt hatte. Seitdem und bis heute hält sie in regelmäßigen Abständen daran fest: „Während der Stunden fühle ich mich wie befreit und erleichtert. Ich verliere die Angst und diese Beklemmungen, obwohl der Krebs immer wieder Thema ist.“ Das Tanzen stärkt sie, neue Kraft und Mut zu entwickeln, wieder Boden unter sich zu spüren. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen sprach sie mich an und stellte den Kontakt zu ihrer Therapeutin her.
„Tanzen nach Krebs hilft dabei, wieder zu sich selbst zu finden, sich Gefühlen mit der Sprache des Körpers zu stellen und innere Bilder wahrzunehmen.“
Elana Mannheim spricht aus Erfahrung. Die Heilpraktikerin für Psychotherapie und Psychoonkologin aus Freiburg begleitet seit 20 Jahren Frauen mit den unterschiedlichsten Krankheitsbildern auf diesem Weg. Sie unterstützt sie, Zugang zu verschütteten Emotionen zu finden und sich wieder achtsam und liebevoll dem Körper zuzuwenden. Sie hilft, neue Wege zu finden und die Krankheit zu verarbeiten. Mit einer künstlerischen und körperlichen Methode.
Kunst und Krebs? Kreativität und Lebensbedrohung? Wie passt das denn zusammen?
Eine ungewöhnliche Kombination, die funktioniert. Denn Kunst ist nun mal das Schaffen und der Ausdruck von Gefühlen und Gedanken. Starke Gefühle und zahlreiche Gedanken gibt es auch bei Krebs. Doch oft ist es schwer, sie auszudrücken. Genau dazu ermutigt die Tanztherapie nach Krebs. Durch Körpersprache. Und Reflexion. Für Elana Mannheim stabilisiert die Therapie genau deshalb auch den Alltag. Denn „Tanzen nach Krebs hilft dabei, neue Perspektiven zu finden, die die Partnerschaft, die Familie oder den beruflichen Wiedereinstieg betreffen.“ Und gestaltet so das veränderte Leben nach der Krankheit mit.
Wie kann man sich eine Tanztherapie denn vorstellen?
Mache ich da etwas Jazz Dance oder Yoga oder Ballett? Tanze ich auf der Stelle, springe ich in die Luft oder verbiege ich meinen Körper? Keins von alledem. Und ein bisschen von allem zusammen. Denn es geht um ein individuelles, tänzerisches Ausprobieren, um Kreativität und um das, was einem selber liegt. Es geht nicht um Leistung, es geht ausschließlich um ein Erleben. Manchmal auch um ein Loslassen. Es gibt keine Zwänge, nur viele Möglichkeiten. Beim Tanzen gibt Elana Mannheim niemandem Schritte vor – diese finden ihre Teilnehmerinnen wie von selbst. Jede Stunde beginnt langsam und mit fließenden Bewegungen. Jedes Mal gibt es ein Thema. Verschiedenste Materialien wie Tücher, Hölzer oder Kissen unterstützen.
Wie findet sich dabei denn nun eine neue Perspektive?
Sinnliche Bewegung, hineinspüren. Aufstampfen, Ventile finden. Bewusstes Atmen, statt Luft anhalten. Erstarrtes lösen und Verhaltensmuster erkennen. Den Körper besser wahrnehmen. Jede Stunde endet zudem mit der Reflexion und dem verbalen Austausch von Erfahrungen. Manchmal auch schriftlich, denn die Tanztherapeutin ermutigt ihre Teilnehmerinnen dazu, ein Tanztagebuch zu führen. So halten sie positive Momente des Tanzens fest.
Letztendlich geht es darum: Neue Leichtigkeit im Leben finden und Glücksmomente einfangen!
Bei der Gruppenstunde steht nicht die verbale Auseinandersetzung mit der Krankheit, sondern die Bewegung im Fokus. Bei einer Einzeltherapie kann die Gewichtung anders liegen, denn die Einzelstunde erlaubt Elana Mannheim eine hohe Flexibilität. „Hier kann ich mit der Patientin gehen und immer schauen, was sie gerade braucht.“ Doch auch in der Familie gibt es bei Krebs viele angestaute Gefühle. Besonders Partner und Kinder leiden stark und verbergen Emotionen wie Wut und Trauer. Der von Elana Mannheim mitgegründete Verein Tanztherapie nach Krebs e.V. unterstützt betroffene Familie überregional mit zwei wichtigen Themen:
- Zeit für uns – Mutter und Tochter/ ein Seminar für krebsbetroffene Mütter mit ihren jugendlichen Töchtern
- Zeit für uns – Mann und Frau/ ein Seminar für krebsbetroffene Frauen mit ihrem Partner
Infos darüber findet ihr auf der Homepage des Vereins .
Doch Freiburg ist ja so weit weg! Also nichts für mich? Und ob!
Eine Therapeutenliste für ganz Deutschland findet sich unter der Homepage des oben genannten Vereins Tanztherapie nach Krebs e.V.. Und Seminare mit Elana Mannheim gibt es nicht nur in Freiburg. Tagesseminare bietet sie auch in Frankfurt/Offenbach, Stuttgart, Wiesbaden und ein intensives Wochenendseminar in Hanau an. Und für alle, die sich zudem einen idealen Kraftort, Natur und Idylle wünschen: ihre Ferienseminare finden 2016 in Bayrischzell, auf Lesbos und in Andalusien statt. Ein Reinschnuppern ist also an verschiedenen Orten möglich. Einziger Wermutstropfen dabei: keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Ausführliche Infos erhaltet ihr auf der Homepage onkodanza.
Und übrigens:
Die Tanztherapie gibt es nicht nur im Bereich Krebs. Auch bei Depressionen, Stress, Angststörungen oder bei Schmerzpatienten kann sie eine Behandlung unterstützen. Denn letztendlich geht es darum, wieder Vertrauen in den eigenen Körper aufzubauen, Positives mit ihm zu verbinden und sich einfach in ihm wohlzufühlen.
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